Ich habe doch alles.

 

Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Ja, es gibt Krieg auf der Welt und die Folgen von Corona. Aber es geht mir gut. Ich habe doch alles. Ein Haus, ein Auto, mein Auskommen, gesunde Kinder, eine Beziehung, genügend Geld. Ein paar Freunde, Bekannte. Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Ich habe Urlaub geplant. Meine Kinder sind gut in der Schule. Ich habe eine schöne Wohnung und Freizeit habe ich auch. Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Anderen geht es viel schlechter als mir. Mir geht es doch gut. Ich mache regelmäßig Sport, esse gesund und meditieren tue ich auch. Das hilft. Es geht mir gut. Ich habe doch alles.

 

Schau doch einfach mal in die Ukraine, dort geht es den Menschen schlecht, viel schlechter als mir. Dort ist Krieg. Oder auf die Intensivstationen, da kämpfen die Menschen um ihr Leben. Mir geht es doch gut. Ich habe doch alles. Ja, die Inflation steigt, aber tanken kann ich noch. Am Wochenende haben wir einen Ausflug gemacht. Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Meine Eltern sind noch einigermaßen gesund und die Kinder entwickeln sich prima. Ein paar Wehwehchen habe ich schon und der Blutdruck ist ein bisschen zu hoch, aber was soll's, dafür gibt es doch Tabletten. Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Einen tollen Garten und die Herbstfarben, schau doch mal. Das ist doch auch schon etwas. Man soll sich doch an kleinen Dingen freuen. Das mache ich auch.

 

Und wenn einer fragt, wie es mir geht, sage ich: „Gut. Ich habe alles, was ich brauche.“ Klar streite ich mich mit meinem Partner. Es kann ja auch nicht immer schön sein. Warum sollte ich klagen? Ich habe doch alles. Es geht mir gut. Natürlich gibt es auch Unstimmigkeiten mit den Nachbarn und auch mit dem Bruder. Die Corona-Zeit hat uns auseinandergetrieben, aber das ist nun mal so. Da kann man nichts machen. Man muss ja auch nicht immer einer Meinung sein. So schlimm ist es ja auch nicht. Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Ich schlafe nicht so besonders gut und bin oft grundlos traurig. Aber das gehört dazu. Das Leben ist schließlich kein Ponyhof. Warum sollte ich klagen? Es geht mir gut. Ich habe doch alles. Anderen geht es viel schlechter als mir. Und bei der Arbeit. Da ist es eigentlich ganz ok und mein Chef auch. Ich habe ein paar nette Kollegen. Das läuft alles irgendwie und außerdem bekomme Geld dafür. Ich bin oft angespannt und mache mir viele Sorgen, aber es geht mir gut. Ich habe doch alles. Es geht mir gut. Es geht mir gut.

 

Und dennoch …

 

 

 

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Was ist, wenn nichts mehr ist?

 

Der oben stehende Text floss als Anregung in den Workshop: Dem Fühlen vertrauen ein. Die Teilnehmer befanden, dass er von großer Allgemeingültigkeit ist und nicht nur ihnen zur Verfügung stehen sollte, sondern allen, die sich dafür interessieren und einen Blick hinter die Fassade wagen mögen …