Mut ist ein Wandler

Wir haben es uns vorgenommen. Oft schon. Innerlich hat sich ein Vorhaben zu einer Hürde aufgetürmt und versperrt uns den Weg. Allein die Vorstellungen von dem, was passieren könnte, hält uns beschäftigt und lenkt uns ab. Wir wissen, dass es dran ist und winden uns wie ein Fisch auf dem Trockenen.

 

Wenn wir doch nur endlich … die Beziehung beenden, den Job wechseln, ausziehen, verzeihen, uns aussöhnen, eine Liebe eingestehen, sich zu einer Leidenschaft bekennen, einem Paradigma widersprechen, endlich mal Nein-sagen, aufhören, die Verantwortung für alles und alle zunehmen, zustimmen und ja-sagen, bei uns selber anfangen …. wenn wir doch nur endlich für uns selber einstehen würden.

Doch wir scheuen uns und finden immer eine passende Ausrede.

Ja, aber … jetzt nicht … mal sehen … später … erst wenn …, dann …

Wir besänftigen uns selbst, suchen nach der ultimativen Rechtfertigung, lehnen uns in unserer Komfortzone zurück und harren der Dinge. Es ist die Strategie, die uns beigebracht und anerzogen wurde, die uns klein hält und letztlich erwünscht ist, denn sie beraubt uns unserer Eigenverantwortung. 

 

Selbst wenn wir darum wissen, hängen wir fest. Es ist nicht so, als hätten wir im Kopf nicht jeden einzelnen Schritt schon hundertmal durchgespielt, ihn vollzogen und hinter uns gebracht. Und doch hat es uns immer wieder abgehalten, als wären wir an einem imaginären Gummiband befestigt, das uns wieder und wieder zurückzieht. Das Gefühl, zu versagen, wiegt schwer. Es hat sich früh in uns verankert. Wir glauben vielleicht nicht gut genug, nicht wertvoll zu sein und gehen von vornherein davon aus, es nicht zu schaffen. Mit dieser Herangehensweise nehmen wir uns selbst die Kraft, bremsen die eigene Entwicklung aus und parken uns in einem niedrigen Schwingungsniveau*. Das Leistungsprinzip und das gesellschaftlich, wie politisch erzeugte schlechte Gewissen, tun sein Übriges dazu und verfestigen das Gefühl des Ausgeliefertseins und der Machtlosigkeit zudem. Je geringer die Verantwortung ist, die wir für unser eigenes Leben übernehmen, umso größer ist der Spielraum der Manipulation, die von außen auf uns einwirken kann.

 

Das Gefühl der Handlungsunfähigkeit drückt auf unsere Lebendigkeit und unsere Lebensfreude. Wir spüren zwar, dass unser Selbstwert immer weiter absinkt, doch mittlerweile haben wir uns im Zustand der Apathie* eingerichtet und geben uns widerstandslos dem Gelähmtsein und der Perspektivlosigkeit hin. Unsere Schwingungsfrequenz sinkt immer weiter ab und wir können nicht viel mehr tun, als tatenlos dabei zusehen. Wir beginnen an uns selbst zu kranken. Körper und Psyche geraten in einen desolaten Zustand, in ein manifestes Ungleichgewicht, was uns beschäftigt und abgelenkt hält.

 

 

Die Krise bringt den Ball ins rollen

Dann passiert es. Eine Krise zieht auf und wir kommen ins Wanken. Angst gesellt sich zur desolaten Verfassung hinzu und drängt uns noch tiefer in die innere Misere hinein. Uns wird es eng in Herz und Brust und wenn wir jetzt nichts tun, dann gehen wir unter. Es geht um Leben und Tod, um Leblosigkeit und Lebendigkeit, das können wir spüren. Natürlich können wir unsere Empfindungen durch Medikamente unterdrücken, doch es ist nur ein Überdecken, aber keine Lösung. Wir können nicht vor uns selber fliehen, auch wenn wir es noch so gerne täten.

 

Wir wollen die Angst nicht, doch die Angst ist hilfreich, wenn wir uns erlauben, ihr Potenzial zu erkennen. Wir können uns von ihr dominieren und einsperren lassen oder sie als Sprungbrett nutzen. Mit dem Rücken zu Wand müssen wir handeln oder wir gehen unter. Nun ist die Zeit des Mutes gekommen. Mut ist ein Wandler. Selbst wenn wir glauben, dass nichts mehr geht, geht immer noch etwas. Der Mut, vom Lebenserhaltungstrieb getragen, treibt uns in die Tat.

Jetzt fassen wir uns ans Herz, machen reinen Tisch und sprechen aus, was gesagt werden muss. Vielleicht weinen wir dabei, schreien laut, stampfen mit den Füßen auf, schlagen um uns und machen uns endlich Luft. Die Dynamik, die die Starre auflöst, wandelt die Leblosigkeit in Lebendigkeit um.

 

Wir haben die Komfortzone hinter uns gelassen, treten aus ihr heraus und für uns selber ein. Endlich nehmen wir uns selbst ernst und unser Leben in die Hand. Als wären damit die Mauern in uns eingerissen und hätten dem Wind erlaubt durch uns hindurch zu fegen, fühlen wir uns befreit und leicht. Wir atmen tief und lange aus und atmen das Leben wieder in uns hinein, befüllen uns mit Tatkraft und Handlungsfähigkeit. Wir haben uns wieder mit dem Puls des Lebens verbunden und fühlen unsere Verbundenheit. Neugier, Lust und Begeisterung sind in uns eingezogen und nähren den Willen, unseren eigenen Weg zu gehen. Wir wachsen und schwingen uns auf eine höhere Ebene des Bewusstseins* ein.

Wir haben uns zurückerobert und dürfen stolz auf uns sein. Nicht im Sinne des Herabschauens auf andere, sondern im Sinne der Selbstbekräftigung, dürfen wir uns für unsere Tatkraft, unsere Selbstüberwindung und unseren Mut selbst auf die Schulter klopfen.

 

Mut kann der Angst und auch der Wut entspringen. Doch die Wut sollte kein Anker des Mutes sein, denn die Wut nährt den Kampf und jeder Kampf, gegen wen oder was er sich auch immer richtet, basiert auf der Angst. Wenn wir die Kraft des Mutes nicht an die Selbsterforschung und Freude, sondern an die Wut anbinden, so drehen wir uns im Kreis und bleiben letztlich auf der Stelle stehen. Knüpfen wir den Mut jedoch an das Vertrauen*, paart er sich mit Leichtigkeit und macht die Freude zu unserer Handlungsmotivation.

 

Mut tut gut!

Man könnte meinen, dass es einer Krise bedarf, um mutig zu werden, doch dem ist nicht so. Mutig zu werden, kann man lernen. Sich selbst beim Denken zuzuhören und den eigenen Wahrnehmungen - dem eigenen Fühlen zu vertrauen - kann der Beginn einer freudvollen Reise durch ein buntes und vielfältiges Leben sein. Mit dem Mut im Herzen voranzugehen, ohne zu wissen, was kommt, gleicht einer Befreiung. Das Vertrauen ins Leben und auch in uns selbst wachsen dabei völlig selbstverständlich und heben uns mit Leichtigkeit in die nächste Ebene des Bewusstseins*.

 

*Die Ebenen des Bewusstseins. von R. Hawkins

 

 

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