Lachen befreit!

 

Wann habt ihr euch eigentlich das letzte Mal so richtig kaputtgelacht? Oder lacht ihr schon lange nicht mehr, weil man beim Lachen ebenso wie beim Singen eine Vielzahl von Aerosolen ausstoßen kann?

 

Ich schreibe, um meinen Empfindungen Raum zu geben, um nicht daran zu ersticken. Ich schreibe, um lebendig zu bleiben und mich selbst zu spüren und auch, um die Freude in meinem Herzen zu bewahren. Manchmal halte ich auch andere zum Schreiben an, so wie am letzten Sonntag.

 

Es regnete in Strömen und die Stimmung innerhalb des Hauses drohte in den Keller zu sinken und sich mit dem Gefriergut im Eisfach zu vereinen. Mir kam eine Idee und es brauchte einige Zeit, bis ich die heruntergefahrenen Systeme meiner Familie auf Betriebstemperatur gebracht hatte. Es gelang mir und ich konnte sie motivieren, nach Vorgabe eines Titels ein paar Zeilen zu schreiben. Sie sollten einfach das aufschreiben, was ihnen dazu einfiel und ich tat es natürlich auch. Das Schreiben an sich bereitete uns allen schon Freude und ich konnte dabei zusehen, wie sich die Gesichter meiner Familie langsam entspannten. Doch der eigentliche Spaß begann erst, als jeder seinen Text vorlesen sollte. Die Besonderheit beim Vorlesen lag darin, dass jeder ihn mit einem Weinkorken zwischen den Zähnen präsentieren sollte. Ein Weinkorken zwischen den Zähnen ist schon eine ziemliche Sprechhürde, das könnt ihr euch sicher vorstellen. Bis zur Unkenntlichkeit verformt und mit vielen Spucketröpfchen versehen (übrigens ein Unding in dieser sterilen Zeit) passierten die Sätze unsere Lippen und trieben uns die Tränen in die Augen. Wir lachen uns schlapp, hielten uns die Bäuche und hatten Mühe, irgendetwas von dem zu verstehen, was vorgetragen wurde. Und plötzlich, als würden Bleitonnen auf dem Boden einschlagen, platze die Schwere von uns ab und wir wurden zu Kindern. Wir lachten uns kaputt - waren absolut leicht und unbeschwert. Nicht das, was wir vorlasen, sondern die Freude, etwas zu tun, was absolut sinnbefreit war, hatte eine Kraft, die uns alle mitriss. Die Enge, in die wir alle hingetrieben werden, löste sich in Wohlgefallen auf.

 

Als das Lachen nach einiger Zeit abebbte und wir durch und durch zufrieden auf dem Sofa saßen, wurden uns umso deutlicher bewusst, was wir derzeit vermissten. Wir vermissten die Zerstreuung, die Unbeschwertheit, die einfache Freude, das Leichte – wir vermissten die Kunst und die Kultur, das Miteinander und die Gemeinschaft. Ich glaube, dass wir sie alle vermissen, doch die wenigsten sind bereit, sich einzugestehen, wie elementar die Zerstreuung des Geistes für die Lebendigkeit und das Wohlgefühl jeden einzelnen und auch für eine ganze Gesellschaft ist.

 

Wir sind dazu angehalten, alles dem einzig wahren Ziel unterordnen und erlauben uns nicht nachzufühlen, wie wir innerlicher daran zugrunde gehen. Die Prämisse, die über allem steht, lautet derzeit alles richtigzumachen und absolut konform zu sein. Wenn wir nicht machen, was uns auferlegt wird, fallen wir sofort durch den gesellschaftlichen Rost, werden zu Kritikern, Leugnern, gar Verschwörern. Und so halten wir uns zurück – gleichgültig, wie wir uns dabei fühlen – wir halten uns zurück, wo wir nur können, denn wir wollen gefallen und dazugehören und vor allem wollen wir nicht negativ auffallen, in den Fokus geraten und zur Zielscheibe des wachsenden Unmuts werden. Wir denken, wir seien allein und zu schwach, um dem sozialen Druck, der auf uns ausgeübt werden könnte, standzuhalten und nehmen unser innerliches sterben deshalb einfach in Kauf.

 

Doch was wäre, wenn wir es bei alldem, was ist, trotzdem schaffen würden, die Freude am Leben zu bewahren, sie in unseren Herzen zu tragen, sie lebendig zu halten und zu versprühen, wo immer es uns möglich ist? Dann würde das Außen seine Macht verlieren und könnte uns nicht länger in seine Abgründe reißen. Doch Achtung! Auch hier müssen wir sehr achtsam sein, denn sonst werden wir am Ende noch zum Corona-Verherrlicher und wer weiß schon, was dann alles passieren kann?!

 

Die Würde des Lebens