Vom Anfangen und Dranbleiben

Es gibt ein Bleiben im Gehen, ein Gewinnen im Verlieren und in jedem Anfang auch ein Ende - und so endet alles irgendwann und beginnt irgendwann, vielleicht auf eine vertraute, vielleicht aber auch ganz andere Weise.

 

Der Volksmund sagt, dass aller Anfang schwer ist, aber ist es wirklich das Anfangen oder ist das Beenden, das uns schwerfällt. Ist es ein Gefühl von Wehmut, dass uns befällt, wenn wir nur an das Ende einer Sache denken oder ist es die Angst vor etwas Neuen, die uns davon abhält einen Schritt zu tun - vielleicht einen wichtigen, nötigen und längst überfälligen Schritt. Ein Schritt, der uns Befreiung von etwas verspricht, das uns bereits seit längerem drückt oder beengt. Oder auch ein Schritt in die eigene Entfaltung hinein, eine Entfaltung, von der wir bislang nur geträumt haben. Und so sitzen wir da, mit dem Wunsch, dass etwas beginnen möge, dass uns Freiheit, ein Wohlgefühl, Freude oder auch Erleichterung verspricht. Sitzen da, mit der Bereitschaft, dass sich ein Weg vor uns auftuen möge, der Weg, den wir im Kopf schon beschritten haben.

Vorstellungskraft, ist die größte Kraft, die wir in uns tragen. Das, was wir uns vorstellen und ersehnen, treibt uns voran, will Gestalt annehmen, uns motivieren einen Schritt zu tun. Einen Schritt in das Neue hinein und gleichzeitig auch auf uns zu. Doch bevor wir wirklich losgehen können, braucht es eine Erlaubnis. Es braucht ein klares Ja zum Aufbruch. Ein Ja zu dem, was wir tun möchten, aber auch ein Ja zu uns selbst. Ein Ja, das auf allen Ebenen wirksam ist. Und es braucht Vertrauen. Vertrauen, dass wir es schaffen werden, uns auf dem Weg ins Ungewisse zurechtzufinden. Und nicht nur das, es braucht auch Vertrauen in uns selbst. Ein Ja zu der, die wir sind und sein dürfen und ein Ja zu der, die wir sein möchten. Ebenfalls bedarf es der Bereitschaft, das Alte hinter uns zu lassen, doch das ist häufig leichter gesagt als getan. Das Alte war lange Zeit Teil unseres Lebens und natürlich dürfen wir trauern, wenn wir den Prozess des Loslassens anstoßen. Das Alte, was auch immer es ist, gehört zu unseren Gewohnheiten, oft zum täglichen Erleben. Vielleicht hatten wir es sogar lieb gewonnen oder waren zumindest geübt darin es auszuhalten. Etwas, das uns lange begleitet, ist uns schlichtweg vertraut, deshalb können wir auch so schwer von ihm lassen. Aber das Neue, auf das wir uns zubewegen wollten, ist es nicht. Es ist unbekannt, unvertraut und somit natürlich auch mit Unsicherheit behaftet. Und so denken wir vielleicht, dass ein Aufbruch in Neue viel Kraft erfordert, doch das ist ein Trugschluss. Ist die Entscheidung erst einmal getroffen einen neuen Weg zu beschreiten, dass Ja auf allen Ebenen ausgesprochen, dann wachsen uns Flügel, mit denen wir über alle Zweifel und Sorge abheben können.

 

 

Niemals geht man allein

Im Prozess des Losgehens ist es durchaus hilfreich sich zu vergewissern, dass wir niemals allein gehen. Das können wir gar nicht, denn als soziale Wesen sind wir immer in einem Gefüge eingebunden, in einem Miteinander, in dem jeder Schritt nicht nur wirksam für den Gehenden ist, sondern auch immer Einfluss das Umfeld hat. Wenn wir uns beispielweise entscheiden vegan zu leben, so werden sich unsere Familie und Freunde auf unsere veränderten Essgewohnheiten einstellen müssen. Wenn wir hinter unserem Beschluss stehen und ihn mit Begeisterung vertreten, dann wird sich womöglich jemand unserem Ernährungsweg anschließen und dadurch die Kugel ins Rollen bringen. Vielleicht wird es einige Zeit dauern, doch irgendwann werden wir Begleiter finden und von Vor- und Mitgängern erfahren, die einen ähnlichen Weg gehen oder bereits gegangen sind. Allein das Wissen darum, das wir nicht alleingehen, kann uns stärken, Schutz und Sicherheit geben. Selbst dann, wenn wir unser direktes Umfeld nicht an unserer Seite spüren.

Wir dürfen vertrauen, denn wir tragen einen Erfahrungsschatz in uns. Wir nehmen uns selbst, unser Wissen und auch unsere Erfahrung mit und nicht nur das, sondern wir tragen das gesamte Wissen der Menschheit in unserem Gepäck. Dieses Wissen ist nicht nur Beistand, sondern es eröffnet uns eine Vielzahl von Möglichkeiten, die wir allein niemals erfahren könnten. Und obwohl wir neue Wege beschreiten, können lernen, die Erfahrungen anderer, mit in den eigenen Prozess einzubinden.

Ist die Entscheidung zum Aufbruch erst einmal getroffen, dann sollten wir uns fragen, was wir brauchen, welches Rüstzeug wir gerne bei uns hätten, wenn wir uns auf den Weg machen. Herausfinden, was uns guttut, was hilfreich sein könnte. Wenn wir wirklich bereit und eingestimmt sind, dann ist es möglich, dass sich eine Besonderheit zeigt, eine, die sie sich vor uns stellt und die Führung übernimmt. Sie zeigt sich, wenn wir wirklich zu vertrauen beginnen, wenn wir anfangen, uns dem Tun hinzugeben, wenn wir zulassen und uns einlassen. Es wird ein Weg sein, der sich vor uns ebnet. Wie auf Schienen werden wir dann an Orten, Begebenheiten und Menschen vorbeigeleitet, die uns dienlich sind, die unser Vorangehen, auf ihre ganz eigene Weise bereichern und unterstützen.

 

 

Schreibend wachsen

Ich hatte mich entschieden, war bereit. Lange bevor ich zu schreiben begann, war der Wunsch in mir gereift. Eines Tages wurde aus der Vorstellung Realität. Es war ein Drang, den ich spürte, ein Sog, der mich an den Schreibtisch zog. Da saß ich nun und schaute auf das Blatt, das vor mir lag. Weiß war es und leer. Eine Erwartung ging von ihm aus. Die Neugier fegte die Angst beiseite und ich öffnete mein Herz, für das, was geschehen sollte. Obwohl von dem weißen Blatt eine immanente Leere ausging, empfand ich keine Bedrohung. Vielmehr war es eine Einladung, ein Freifahrtschein, des sich selbst Ausprobierens. Ich gab mir die Erlaubnis. Ohne Ziel tanzte der Stift über das Papier. Ich schrieb, und das mit einer unerwarteten Leichtigkeit. Es war, als hätte etwas in mir einen Knopf gedrückt, mich angeschaltet und damit den Buchstaben freien Lauf lassen. Ich schrieb und schrieb und mit jedem Wort, das mich verließ, wurde ich freier, bekam Raum in mir. Einen Raum, der wie ein Flussbett war. Ein natürlicher Rahmen begrenzte die Worte, die aus mir heraus plätscherten. Erstaunen darüber, was sich ausdrücken wollte, was sich auf dem Papier vor mir formte, fasst mich an. Im Handumdrehen war ich infiziert. Ja infiziert, vom Feuer der Kreativität befallen. Einem Feuer, in dem ich jedoch nicht verbrannte, das mich nicht auszehrte, sondern, dem ich mich hingab, das mich innerlich entflammte.

Mein Herz hatte Feuer gefangen und es strömte durch meine Adern. Die Worte streben aus mir heraus und ich stellte mich ihrem Fluss zur Verfügung. Aus dem anfänglichen Plätschern wurde ein reißender Strom. Buchstaben reihten sich aneinander, formten Worte, Texte, Slams, Geschichten, Gedichte und mit allem, was mich verlies veränderte ich mich und wurde neu. Ich wandelte mich im Zauber der Worte - wurde mutiger, freier, leichter. So als würde mit jeder Zeile, die ich schrieb eine Schicht meines Seins abgeschält, drang ich immer tiefer hinein - in das Wesen des Schreibens, aber auch zu mir – zum Kern der Dinge.

Schreiben macht das Selbst erfahrbar, auf eine Weise, die ich vermutlich sonst niemals hätte erfahren können. Es liegt Magie darin, sie ist wie ein Sog, der mich hineinzieht, in das Schreiben hinein und auch zu mir. Die Kraft der Magie ist die Wandlung. Schreibend werden wir selbstbewusst und unserer selbst bewusst. Bewusstsein ist der Schlüssel zur Wandwandlung. Alles, was wir uns bewusst gemacht haben, kann uns unbewusst nicht mehr beherrschen.

Schreibend werden wir selbst und allein dadurch verändern wir uns und alles um uns herum. Wir lernen den Blick schweifen zu lassen, den Geist zu weiten, lernen die Perspektiven zu wechseln, die Sichtweisen zu verändern und lassen unsere Eindrücke durch das Schreiben im Außen erfahrbar werden.

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