Du musst die anderen vor dir schützen!

 

„Du bist dumm! Du bist faul! Das schaffst du sowieso nicht!“ Kennen Sie diese oder ähnliche Sätze? Wurden sie auch in Ihrer Kindheit gesprochen?

 

Solche Sätze prägen sich uns ein. Sie werden zu unserem stillen Wissen und lenken uns aus den Tiefen unseres Seins. Einst haben wir sie als richtig angenommen und vielleicht sogar bis heute noch nicht an ihrer Richtigkeit gezweifelt. Diese Sätze sind zu unserer Wahrheit, zu unseren Glaubenssätzen geworden. Es sind die Aussagen, die andere über uns taten, denen wir bis heute Glauben schenken. Wenn wir kein Bewusstsein über die Existenz dieser Sätze erlangen, so bestimmen sie unterbewusst unsere Gedanken, Wahrnehmungen und Handlungen. Der Satz: „Das kannst du sowieso nicht“, hält uns womöglich bis heute davon ab, aktiv zu werden, Neues auszuprobieren und mutig zu sein. Glaubenssätze sind in der Lage, uns zu demotivieren, zu demoralisieren, uns klein und nichtig zu fühlen.

 

Auch heute gibt es einen Satz, einen, den wir alle kennen und ständig hören. Einen, den wir unseren Kindern erzählen, den wir zu ihrem Glaubenssatz machen. Es ist ein genereller Satz, einer, den eine ganze Generation in sich tragen wird. Einer, der zu ihrem stillen Wissen werden wird. Einer, deren Glaubwürdigkeit sie vielleicht nie anzweifeln werden. Es ist ein Satz, der eine Generation glauben machen wird, mit Schuld behaftet zu sein, wenn sie sich nicht konform verhält.

 

Dieser Satz lautet: „Du musst die anderen vor dir schützen!“

 

 

 

Ein Gespräch zwischen Mutter und Kind über die Maskenpflicht

 

 

Kind: Mama, warum muss ich eine Maske tragen?

 

Mutter: Um die anderen vor dir zu schützen!

 

Kind: Aber ich bin doch gar nicht gefährlich, oder Mama?

 

Mutter: Nein, natürlich bist du nicht gefährlich, aber das Virus ist gefährlich.

 

Kind: Aber ich habe doch gar kein Virus.

 

Mutter: Das weiß man eben nicht so genau, deshalb bist du ja auch gefährlich und musst eine Maske tragen.

 

Kind: Ach so.

 

Mutter: Und weil in der Schule so viel Kinder sind und ihr so unvernünftig seid und euch so nahe kommt, ist das gefährlich.

 

Kind: Ist spielen jetzt gefährlich?

 

Mutter: Nein, spielen ist nicht gefährlich. Nur sich nahekommen ist gefährlich.

 

Kind: Dann sind wir also gefährlich, wenn wir spielen?

 

Mutter: Ja, es ist gefährlich, sich nahezukommen, weil man dann das Virus bekommen kann, und dann kann man andere anstecken und die werden dann vielleicht sehr sehr krank und müssen daran sterben.

 

Kind: Wer kann denn sterben, weil ich so gefährlich bin?

 

Mutter: Du könntest das Virus an mich übertragen oder zum Beispiel unseren Nachbarn Herrn Kruse damit anstecken. Du weißt schon, der Mann, der unter uns wohnt.

 

Kind: Ach, meinst du den, der so viel fern sieht und Cola trinkt und kaum noch die Treppe hochlaufen kann, weil er so einen dicken Bauch hat. Den muss ich also vor mir schützen, weil ich so gefährlich bin. Und wenn ich keine Maske trage und zufällig an ihm vorbeigehe, dann wird er krank und ich bin schuld. Das meinst du doch, Mama, oder?

 

Die Mutter nickt.

 

Kind: Mama, bin ich denn jetzt eigentlich für immer gefährlich?

 

         

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Das Jahr der Tränen

 

Foto: Pixabay